Verletzungen
vermeiden - Körpergefühl und Koordination verbessern
Propriorezeptives
Training: Eine einfache Möglichkeit Gleichgewicht und Geschicklichkeit
zu trainieren - vom Welpen bis zum Seniorhund
Popo
waaaas?" tönt es durch das Sporthundeseminar, als der
Beamer den Begriff Propriorezeptives Training an die Wand strahlt.
Bereits an dieser Stelle sei versprochen, es bleibt bei diesem
einen Fremdwort im folgenden Artikel.
Worum gehts?
Propriorezeptoren sind Sinnesrezeptoren im Körper. Sie befinden
sich zum einem als Gleichgewichtsorgan im Ohr, zum anderen als
Spindeln in den Muskeln und Sehnen.
Zur Erklärung
ein Beispiel: Ein Hund bleibt mit dem Hinterbein in einem Kaninchenloch
hängen. Die Spindeln melden nun dem Rückenmark, dass
die Muskeln und Sehnen im Bein gedehnt sind. Das Rückenmark
gibt daraufhin den Muskeln sofort den Befehl das Hinterbein hochzuziehen
und aus dem Kaninchenloch zu befreien. Würde dies nicht geschehen,
käme es zu schmerzhaften Verletzungen, zum Beispiel einer
Zerrung.
Die Geschwindigkeit und Zielsicherheit dieses Ablaufs lässt
sich durch das propriorezeptive Training verbessern. Der Hund
verfügt dadurch über eine sehr gute Koordinationsfähigkeit
und Geschicklichkeit, was ihn nicht nur im Sport vor Verletzungen
schützt und auch seine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit
erhöhen kann.
Studien aus der Sportmedizin zeigen, dass dieses spezielle Training
bei Basketballspielern Kreuzbandverletzungenen um 85% reduziert
und die Rückfallrate nach Sportverletzungen drastisch senkt.
Schon lange nutzt auch die Hundephysiotherapie diese Methode in
der späten Rehabilitationsphase nach Operationen und Verletzungen,
ebenso sinnvoll ist ihr Einsatz zur Vorbeugung.
Wie wird`s
gemacht? Für den Hund sind Übungen auf dem Schaukelbrett
besonders geeignet. Erwachsene Hunde, die es nicht kennen, müssen
Schritt für Schritt daran gewöhnt werden, damit sie
nicht aufgrund von Angst oder Unsicherheit verkrampfen und der
Trainingseffekt ausbleibt. Folgendes Vorgehen hat sich in der
Praxis bewährt:
Zunächst
steht der Mensch auf dem Brett und verhindert starkes Schaukeln,
der Hund wird reichlich belohnt, wenn er sich auf das Brett
stellt. Einigen Hunden ist der wackelige Untergrund so suspekt,
dass man sich beim ersten Mal damit begnügt, dass sie nur
mit den Vorderbeinen auf dem Brett stehen.
Steht der
Hund sicher auf dem leicht schaukelnden Brett, kann der Mensch
die Wackelbewegungen intensivieren: starkes und langsames Schaukeln
wechselt sich mit schnellen und kurzen Wackelbewegungen ab.
Der Hund bleibt sicher stehen und gleicht die Bewegungen durch
schnelles Anspannen der jeweiligen Muskeln aus.
Klappt
das sicher und der Hund macht freudig mit, steht er nun alleine
auf dem Brett und kann auch Übungen, wie Sitz, Pfote geben,
Kreise laufen ausführen. Durch seine Bewegungen schaukelt
das Brett hin und her. Alleine auf dem Brett stehend, fängt
er nun auch Leckerlies oder Spielzeug aus der Luft.
Diese Schritte
kann der Hund auch sehr gut mit Hilfe des Clickers erlernen.
Niemals darf der Hund bei den Übungen überfordert werden
und Hunde mit Verletzungen oder anderen Erkrankungen dürfen
diese Übungen nur machen, wenn der Tierarzt oder Hundephysiotherapeut
sie ausdrücklich empfiehlt!
Das Training
stärkt die Muskulatur - auch Muskelgruppen wie die tiefe
Hüftgelenk- und Wirbelsäulenmuskulatur. Der Muskelaufbau
ist ein erwünschter Nebeneffekt, aber er kann bei zu intensivem
Training anfangs zu Muskelkater führen!
Neben dem Schaukelbrett sind auch Trampolin und Luftmatratze für
dieses Training nutzbar. Auch unterwegs kann zum Beispiel auf
einem wackelnden Baumstamm geübt werden.
Für kleinere
Hunde wie Shelties klappt das auch auf dem eigenen Schoß:
Der Hund steht auf beiden menschlichen Beinen, die der Mensch
nun abwechselnd hoch und runter bewegt.
Für
Welpen? Mit diesem Wissen im Hintergrund suchten wir vor unserem
A-Wurf nach einem Gerät, dass auch für kleine Welpen
geeignet ist. Bei Schaukelbrettern und Co besteht leider oft die
Gefahr, dass sich ein Hund die Pfote unter dem Brett einklemmen
kann, wenn ein anderer oben schaukelt.
Im Internet wurden wir fündig: Eine Welpenschaukel - schnell
und preiswert zu basteln. Material: Ein großer Blumenuntertopf
aus Plastik, Seile (besser Ketten oder Stahlseile), ein paar Holzlatten
und Schrauben. Fehlt noch ein kleines Drybett oder eine Decke
in der Schale und ein großes Drybett unter der gesamten
Schaukel. Auf Schrauben und Latten kann verzichtet werden, wenn
die Schaukel an die Decke gehängt wird.
Als die Welpen
vier Wochen alt waren, stellten wir die Schaukel mit dem Gedanken
ins Welpenzimmer, dass sie vielleicht noch zu klein dafür
seien. Aber die Welpen belehrten uns sofort eines Besseren. Sie
kletterten rein und ab sofort war die Schaukel ihr Lieblingsspielgerät
und Schlafplatz.
Mit jeder
Bewegung der Welpen wackelte sie hin und her und bald war Koordination
und Gleichgewichtssinn so geschult, dass sie bei heftigen Wackelbewegungen
sicher stehen oder entspannt liegen blieben.
In
dem großen schwedischen Möbelhaus entdeckten wir in
der Kinderabteilung eine größere Schaukel, die wir
im Welpenauslauf draußen an ein Holzgestell hängten.
Auch
sie war sofort heiß begehrt und mit 6 Wochen konnten die
Welpen ohne zu zögern aus vollem Lauf auf sie hüpfen
und heftige Schaukelbewegungen sicher ausbalancieren.
Ein nützlicher Nebeneffekt machte sich nun auch bemerkbar:
Kein Welpe störte das Geschaukel bei den ersten Autofahrten
oder beim Tragen in der Transportbox.